Musikalische Fluchten

28 Mai 2022

Die Stadt der Seher von Christoph Hardebusch

 

Marco ist ein Straßenjunge, der in der Stadtrepublik Vestona lebt. Sein Leben besteht aus Diebstahl und Flucht und der ewigen Angst vor der Wache. Er hat keine Zukunft, er ist einer der unzähligen Armen, die ihr Leben in der reichen Stadt fristen, deren Reichtum nur für einige wenige bestimmt ist. 
Eines Tages wird er auf frischer Tat bei einem Diebstahl ertappt und in den Kerker geworfen. Sein Schicksal scheint besiegelt, bis sich die Tür der Kerkerzelle öffnet und »Bruder Giate« aus dem Orden der Seher vor ihm steht und ihm ein verlockendes Angebot unterbreitet. Ein Bett, jeden Tag warme Mahlzeiten und Sicherheit, wenn er dem Orden Beitritt. Marco denkt nicht lange darüber nach. Zu lange hat er auf eine Chance gewartet, seinem elenden Leben zu entfliehen und nun scheint sie gekommen. 
Im Orden übernimmt er einige Aufgaben, am liebsten sind ihm die Botengänge, die es ihm ermöglichen, durch seine Stadt zu streifen.  Auf einem dieser Streifzüge lernt er das Mädchen Elena kennen, mit der er sich anfreundet. Zwei weitere Personen begegnen ihm, die sein Leben für immer verändern werden. Den Erfinder Zalvado und den Elf Caronix. Zusammen kommen sie hinter das Geheimnis des Ordens. 
Während die Stadt von Herzog Solare, genannt der schwarze Herzog, angegriffen wird, versuchen die vier Freunde alles, um dem Orden Einhalt zu gebieten.
 
Kommentar: 
Die Geschichte hat sehr viel Potenzial und nachdem ich das Buch beendet hatte dachte ich: Das war es? Es bleiben sehr viele Fragen offen, über manche Personen und Ereignisse hätte ich gerne sehr viel mehr erfahren. So war es eine nette, durchaus spannende Geschichte, bei der mir aber deutlich die Tiefe gefehlt hat. 
Der Autor springt zwischen zwei Handlungssträngen hinterher. Zwischen den Ereignissen in der Stadtrepublik Vestona und dem nahendes Heereszug des schwarzen Herzogs. Dieser hat auf seinem Weg nach Vestona schon viele Städte besiegt und es scheint, dass ihn  niemand aufhalten kann. Hier bleiben alle Figuren sehr undurchsichtig. Der Herzog scheint ein kriegslüsterner Eroberer zu sein, der grausam und brutal seinen Weg geht. Sein Spion Ombro bleibt völlig undurchschaubar, man weiß nie ob er wirklich zum Herzog steht oder nicht. 
In Vestona sind es Marco, Elena, Zavaldo und Caronix, die von den Ereignissen in und vor der Stadt überrollt werden. Vestona erinnert stark an Venedig und für Zalvado stand eindeutig Leonaro da Vinci Pate. Caronix ist ein nicht unbedingt ein typischer Elf. Er hat eine freche Zunge, wirkt lebenslustig, trinkt viel und gilt als der beste Fechtkünstler der Welt. Hinter diesem oberflächlichen, frechen Kerl steckt allerdings eine Tragik, die sich dem Leser erst nach und nach erschließt. Er ist hier meine Lieblingsfigur. 
Zalvado ist ein verkanntes Genie, ein Künstler und Erfinder, dessen Traum es ist, eine Flugmaschine zu bauen. Elena entpuppt sich als sehr talentiert in Sachen Technik und Mathematik und sie hilft Zalvado bei seinen Berechnungen. Zalvado lehrt die beiden Jugendlichen lesen und schreiben und zeigt ihnen, dass die Welt aus mehr besteht als ein Dasein zu fristen. 
Sehr lange Zeit erschließt sich dem Leser nicht, wie die zwei Handlungsstränge zusammen passen. Nebenher gibt es immer wieder Rückblicke in die Vergangenheit, die wesentlich ausführlicher und informativer hätten sein können. So bleibt die ganze Handlung leider sehr oberflächlich und man denkt sich oft: Ok, was sollte das jetzt, warum..wieso ...weshalb... 
Wie kann es sein, dass Marco, der doch dem Orden dient, so viel Zeit bei Zalvado verbringen oder mit Elena durch die Stadt streifen kann? Wie kann Elena, die in einer Fabrik arbeitet, noch die Zeit und Energie aufbringen, abends durch die Stadt zu streifen? Das Setting ist mittelalterlich und es ist bekannt, wie sehr die Arbeiter damals schuften mussten oder ausgebeutet wurden. Das Leben war ein täglicher Kampf um das Überleben. diese Leichtigkeit der beiden Jugendlichen wirkt nicht unbedingt glaubhaft. Aber das sind nur Kleinigkeiten, die irritieren. 
Der Autor erzählt flüssig und spannenden eine leichte, etwas oberflächliche Geschichte, die man gerne liest aber auch schnell wieder vergisst. Es war irgendwie alles schon einmal da und teils besser. Ich nenne als Beispiel mal Stravaganza, die Stadt der Masken. Ein ähnliches Setting aber Charaktere mit mehr Tiefe und eine überzeugendere Handlung. 
 
Fazit : 
Alles in allem ein nettes Buch, mit einer leichten Geschichte, die gut unterhält, der es aber an Tiefe fehlt und die teilweise vorhersehbar war. Das Cover ist genial und verspricht viel. Ich mag die Bücher aus der Hobbit Presse, dies war das erste Buch, das mich tatsächlich etwas enttäuscht hat. 
Man fragt sich als Leser dann schon, warum Christoph Hardebusch bei einem so renommierten Verlag veröffentlichen kann und Autoren wie Pascal Wokan oder Dane Rahlmeyer, deren Romane unvergleichlich spannend und innovativ sind, als Selfspublisher veröffentlichen. 
Für Einsteiger in die Fantasy, die etwas leicht lesbares suchen, ist dieses Buch sicher eine Empfehlung, für Fantasyleser vom harten Schlag ist diese Geschichte zu seicht und vorhersehrbar.
 
Titel: die Stadt der Seher 
Autor: Christoph Hardebusch 
Verlag: Hobbit Presse, HC, 438 Seiten 
ISBN: 9783608939187

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