Musikalische Fluchten

22 Mai 2022

Der denkwürdige Fall des Mr. Poe von Louis Bayard

 

August Landor, ein ehemaliger Ermittler der New Yorker Polizei, hat sich aus gesundheitlichen Gründen aus dem Berufsleben zurückgezogen und lebt nun auf dem Land. In der Nähe seines Landsitzes befindet sich die hochangesehen Militärakademie West Point.
 
Als dort ein brutaler Mord geschieht, wendet sich der Leiter Akademie, Colonel Thayer, an den ehemaligen Detektiv und betreut ihn mit den Ermittlungen. Um leichter Zugang zu den Kadetten zu finden, erbittet sich August Landor die Hilfe eines Schülers der Akademie. Es handelt sich um Edgar Allen Poe, einem jungen Mann, der sich in die strenge Disziplin dort nur schwer einfügen kann.
 
Kommentar: 
Selten war ich von einer Geschichte so enttäuscht wie hier. Vieleicht waren meine Erwartungen durch das Cover, den Klappentext und der Beteiligung von Edgar Allen Poe zu hoch geschraubt. Ich liebe Bücher bzw. Krimis , in denen bekannte Persönlichkeiten eine Rolle spielen. Der Dante Club von Matthew Pearl oder auch die Romane von Robert Löhr sind hier perfekte Beispiele. 
Der denkwürdige Fall des Mr. Poe klang  ebenso spannend, er ist es aber nicht. August Landor ist ein alternder Mann der viele Verluste im Leben erlitten hat, zu viel trinkt und ab und zu eine Nacht mit Patsy verbringt, der Bedienung des örtlichen Pubs. Er ist unsympathisch, eigenbrötlerisch, verirrt sich oft in seinen eigenen Sätzen, was sicherlich tiefsinnig sein soll, es aber nicht ist. 
Edgar Allen Poe ist Kadett an der Akademie. Er ist das Ziel des Spottes seiner Mitschüler, das liegt vor allem an seiner schmächtigen Statur und an seinem Alter. Er ist um einige Jahre älter als seine Kameraden, da er zuvor schon einiges im Leben erlebt hat und der Besuch West Points die letzte Möglichkeit für ihn ist, die Erwartungen seiner Familie zu erfüllen und einen Lebenslauf einzuschlagen, der ihm eine gesicherte Zukunft bringt.  Er hat sich ein Leben auf Lügen aufgebaut und von seiner dichterischen Brillanz ist hier noch nicht viel zu merken, auch wenn ein Gedicht in diesem Roman an eines seiner späteren Werke erinnert. 
Der Mordfall ist grausam und brutal, verliert sich aber in den endlosen Gesprächen zwischen Ermittler und zukünftigem Dichter. Als Poe die betörende Lea Maquis kennenlernt und sich in sie verliebt, vergisst man als Leser fast, dass es sich hier um einen Krimi handelt. Die Seiten langen Ergüsse, die Poe an Landor richtet und in denen er von seiner Liebe zu Lea berichtet, ermüden den Leser vollends. Da Poe und Landor vereinbart haben, in brieflicher Form zu kommunizieren, damit die Beteiligung Poes an den Ermittlungen geheim bleibt, nehmen diese schwülstigen Ergüsse ein Ausmaß an, das kaum zu ertragen ist. Fast vergisst man darüber, dass sich noch ein zweiter und dritter Mord ereignen. Dazu kommt dass der Roman mit sehr vielen Fremdwörtern gespickt ist, deren Bedeutung sich oft auch nicht aus dem Text herleiten lässt. Das erfordert intellektuellere Leser als ich einer bin, nur werden die sich nicht dazu herab lassen, einen gewöhnlichen Kriminalroman zu lesen. 
Seltsamerweise habe ich das Buch trotzdem beendet, immer in der Hoffnung, dass doch endlich etwas passieren muss. Seitenlange Beschreibungen einer Tischordnung und der Kleidung der Gäste, schauerliche dichterische Ergüsse und endlose Gespräche ohne auf den Punkt zu kommen, das  konnte doch nicht alles sein. Und tatsächlich...auf den letzten knapp achtzig Seiten überschlagen sich die Ereignisse und es kommt endlich Leben in die Geschichte mit einer Wendung, die wirklich nicht zu erwarten oder vorher zu sehen war. Aber 400 Seiten lesen und am Ende dann endlich belohnt zu werden, das fesselt keinen Leser.
 
Fazit: 
Das Cover, der Klappentext und der Satz auf dem Cover : »19. April 1831, in zwei oder drei Stunden werde ich tot sein« wecken Erwartungen, die in keinster Weise erfüllt werden. Vielleicht liegt es an der Übersetzung, dass die Würze der Dialoge zwischen Poe und Landor hier verloren gehen. Mich hat es nur gelangweilt.
 
Titel: Der denkwürdige Fall des Mr. Poe 
Autor: Louis Bayard 
Verlag: Insel Verlag, Softcover, 492 Seiten 
ISBN: 9783458682035

 

 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Achtung Datenschutz! Mit dem Abschicken des Kommentars nehme ich zur Kenntnis und bin einverstanden, dass meine Daten von Blogspot gespeichert und weiterverarbeitet werden!