Das Buch handelt von drei verschiedenen
Menschen, die alle eines gemeinsam haben. Sie sind gezwungen ein Leben zu
leben, das nicht das ihre ist.
Ophelia ist eine junge Frau, die in den 20er
Jahren des letzten Jahrhunderts lebt. Obwohl die Suffragetten für das Recht der
Frauen kämpfen und Ophelia ihr Leben selbst bestimmen möchte, gesteht ihr
Bruder Lyndon ihr dieses Recht nicht zu. Er möchte sie in eine Ehe zwingen, um
das Vermögen der Familie zu mehren und Erben in die Welt zu setzen. Etwas, das
er durch eine Kriegsverletzung nicht mehr kann.
Martha und Henry leben in der heutigen Zeit.
Martha flieht vor ihrem gewalttätigen Ehemann und nimmt eine Stelle als
Haushälterin bei der verschrobenen Mrs. Bowden an.
Und Henry ist ein Träumer. Er ist auf der Suche
nach einem verschwundenen Buchladen. In Gelehrtenkreisen gilt er als Versager
und er möchte mit dem Auffinden des Buchladens in die Geschichte eingehen und
einen Fußabdruck in der literarischen Welt hinterlassen.
Kommentar:
Es ist ja bekannt, dass mein Herz für high
fantasy oder epochale Fantasy schlägt. Aber ab und zu laufen einem kleine Bücher
Glücksperlen über den Weg, die fordern, dass man sie liest. Der Buchspazierer
war so ein Buch, das verlorene Leben der Addie LaRue oder auch Parnassus. Nun
gesellt sich der verschwundene Buchladen dazu. Es sind Bücher, die man mit dem
Herzen lesen muss, die einen gefangen nehmen und nicht mehr loslassen. Mit Menschen,
die man gerne kennenlernen möchte, mit denen man leidet und liebt.
Opaline und ihr Schicksal haben mich am meisten
berührt. Es ist das Jahr 1920, Jahre des Umbruchs, in denen die Frauen um ihre
Rechte und ihre Freiheit kämpfen. Opaline liebt Bücher und sie träumt davon,
ein verlorenes Manuskript von Emily Jane Brontë zu finden. Als ihr Bruder sie
zu einer Heirat zwingen möchte, mit einem Mann, den sie nicht kennt, flieht sie
zuerst nach Paris. Dort trifft sie auf Sylvia Beck, die eine Buchhandlung
Namens Shakespeare and Company führt. Sie wird in den literarischen Zirkel
eingeführt und lernt Menschen wie James Joyce kennen. Als ihr Bruder sie
ausfindig macht, muss sie erneut fliehen und landet in Dublin.
Dublin ist auch der Ort, an den Martha flieht.
Obwohl sie Menschen sehr gut lesen kann, sah die Grausamkeit von Shane nicht. Bevor
sie ihn heiratete. Sie verhält sie wie alle geschlagenen Frauen. Sie duckt
sich, legt alle Charaktermerkmale ab, die ihren Mann verärgern könnte und lebt
fortan als Schatten ihrer selbst. Als er jedoch zum Schürhaken greift wird ihr
klar, dass sie flüchten muss. Ohne Geld oder andere Habseligkeiten verlässt sie
den Ort ihrer Marte. Sie bewirbt sich auf eine Stelleanzeige einer Mrs. Bowden.
Eine sehr exzentrische alte Schauspielerin, deren Ansprüche allerdings sehr
hoch sind. Martha bekommt ein kleines Zimmer mit einer Kochnische und einem Bad
zur Verfügung gestellt und sie fühlt sich endlich sicher. Trotzdem zuckt sie noch
bei jedem Geräusch, bei jedem Türklingeln zusammen und meidet es, das Haus zu
verlassen.
Henry landet ebenfalls in Dublin. Er ist sich
sicher, in einem volltrunkenen Zustand diesen verschwundenen Buchladen betreten
zu haben. Er kann ihn genau beschreiben und ist sich sicher, dass er in der
Halfpenny Lane existieren muss. Aber es gibt keine Hausnummer 11. Nur eine Nummer
10 und die Nummer 12, das Haus von Mrs. Bowden.
Ich habe mir das Buch schenken lassen und ich
gebe zu, ich war nicht unempfänglich gegen die äußere Schönheit. Das Cover
zeigt ein Buchregal mit alten gebundenen Büchern, in der Mitte der verschwundene
Buchladen in Miniatur und alles umrankt von Blättern. Der Farbschnitt setzt das
Motiv vor, die Schnittkante zeigt Haustür, Fenster und Dachgiebel des
Buchladens, alles in wunderbrar warmen Farben. Daran kann man einfach nicht
vorbei gehen.
Ich dachte erst. Es handele sich mal wieder um
eine nervige Lovestory aber das Buch enthält so viel mehr. Der Kampf der beiden
Frauen um ihre Unabhängigkeit hat mich tief berührt. Die Autorin schildert die Ängste
von Martha und Opaline in eindringlichen Worten. Sie sind immer auf der Hut vor
Fremden, die sie ausspionieren könnten. Opaline muss zwei Mal fliehen, findet
immer kurzeitig ein wenig Glück, das ihr von ihrem Bruder erneut genommen wird.
Und Martha rutscht immer wieder in die
Opferrolle, sie gibt sich die Schuld am Verhalten ihres Mannes und versucht, ihre
Persönlichkeit zu minimieren und sich unsichtbar zu machen. Ihre Umgebung sieht
nicht, was Shane mir ihr anstellt oder will es nicht sehen. Es berührt einen,
zu sehen, wie Martha langsam wieder aufblüht, zurück ins Leben findet und beginnt
Zukunftspläne zu schmieden. Erstaunlicherweise ist es Mrs. Bowden, die der
jungen Frau Mut macht und sie ins Leben stößt- Diese alte, verschrobene
Schachtel ist es, die Martha einige unbequeme Wahrheiten offenbart und sie
immer wieder herausfordert.
Wie sich die Wege der drei Charaktere kreuzen
möchte ich nicht erzählen, das müsst ihr selber herausfinden.
Hier noch ein schönes Zitat:
„Was ist etwas, was Du tust, selbst wenn Du
nichts tust?“ Due Antwort lautet:“ eine Entscheidung treffen. Zu entscheiden,
nichts zu tun ist trotzdem eine Entscheidung.“
Mir hat die Geschichte sprachlich sehr gut gefallen, ich hoffe, dass bei der Übersetzung nichts verloren gegangen ist. Ich kann mir vorstellen, dass sie im Original noch betörender daherkommt.
Fazit:
Ein Buch, dass man mit dem Herzen lesen muss. Ein
Buch, das man nicht mehr aus der Hand legen kann. Drei Schicksale, dreier Menschen
denen man alles Gute wünscht. Doch das Leben ist kein Wunschkonzert. Für mich
inhaltlich und optisch ein Highlight.
Titel: Der verschwundene Buchladen
Autorin: Evie Woods
Verlag: Adrian und Wimmelbuchverlag, TB, 464
Seiten
ISBN; 978398585216
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