Musikalische Fluchten

12 März 2023

Ulldart Sammelband 1 von Markus Heitz

 

Lodrik ist der Thronfolger des Königreiches Tarpol. Für seinen strengen, militärisch geprägten Vater ist der Sohn eine einzige Enttäuschung. Dick, weinerlich, auf dem politischen Parkett und im Übungshof der Kaserne die personifizierte Peinlichkeit. 
Niemand traut sich, dem Regenten seine ehrliche Meinung über Lodrik zu sagen. Oberst Mansk äußert halb im Scherz: «Jeder wächst mit seinen Aufgaben.» 
Und dieser Spruch veranlasst den Kabcar, einen letzten Versuch zu unternehmen um aus seinem Sohn einen würdigen Nachfolger zu machen. Um den unbeliebten Thronfolger loszuwerden überträgt Kabcar Grengor seinem Sohn eine neue Aufgabe und schickt ihn in den kalten Norden. Dort soll er als neuer Gouverneur die Provinz Granburg übernehmen und für Ruhe und Ordnung sorgen. Begleitet von seinem treuen Diener Stoiko und dem Leibwächter Waljakov beginnt die lange und gefahrvolle Reise in die weit abgelegene Provinz. Dort haben sich die Adeligen und Großbauern  schon lange das Zepter übernommen, pressen die Bauern aus, erhöhen willkürlich die Steuer und Leben in Saus und Braus. Ein neuer Gouverneur gefährdet das Leben dieser Oberschicht und bevor Lodrik überhaupt in Granburg eintrifft, beginnen schon die Intrigen gegen ihn. 
Für den jungen Mann entscheidet sich hier alles. Wird er es schaffen, sich zu ändern und die Erwartungen an einen Thronfolger erfüllen oder wird er jämmerlich versagen?

Kommentar: 
Ich wollte in den Urlaub nur ein Buch mitnehmen und ich musste wissen, dass es mich weder enttäuschen noch langweilen wird. Ich habe die Ulldart Saga von Markus Heitz schon vor über 20 Jahren gelesen. Auf einer Lesung erzählte der Autor, dass diese Saga damals kein Erfolg war. Es war wohl noch nicht die Zeit für gute Fantasy aus Deutschland. 
Lodrik ist ein Junge, der in allem versagt und spöttisch von allen »Keksprinz« gerufen wird. Essen ist seine einzige Leidenschaft, was man ihm auch ansieht. Als eine Prophezeiung besagt, dass mit dem Tode des Prinzen von Tarpol die dunkle Zeit auf den Kontinent Ulldart zurückkehren wird, gilt es, das Leben des Prinzen unter allen Umständen zu schützen. Also wird er unter einem falschen Namen, in Begleitung zweier fähiger Männer, an das Ende der Welt geschickt. Dort soll er anonym als Gouverneur die Zügel in die Hand nehmen und beweisen, dass er mehr kann als nur Essen in sich hineinstopfen. 
Ein Zitat, das verdeutlicht, wie sehr Lodrik seinen Vater zur Verzweiflung treibt:» Höre Er auf zu jammern, oder ich schlage ihm hier und jetzt eins mit dem Grogbecher aufs Dach, dass die Schindeln wackeln, Herr Sohn.« 
Auf den ersten Seiten hat der Leser kein Mitleid mit Lodrik. Ein fünfzehnjähriger Junge, der sich noch nicht einmal alleine ankleiden kann und der von vorne bis hinten bedient wird? Da schüttelt man schon den Kopf. In einer mittelalterlichen Welt ist man in dem Alter bereits ein Mann und zieht mit in den Krieg. Die lächerlich anmutende Figur des Thronfolgers und sein jämmerliches Gebaren lassen eher an ein verstocktes Kleinkind denken als an einen Prinzen. 
Doch schon auf der Fahrt nach Granburg erkennt man langsam, dass in dem Jungen ein guter Kern steckt. Er sieht auf der langen Reise in den Norden durchaus die Ungerechtigkeit, die im Land herrscht. Als vor seinen Augen eine junge Frau von den Hunden eines Adeligen zu Tode gehetzt wird, nimmt sich Lodrik vor, die Dinge zu ändern. Sicherlich ist es naiv zu glauben, dass er dies ohne Widerstand schaffen wird aber in Stoiko und Waljakov hat er zwei brillante Ratgeber, die ihn in allen Belangen unterstützen. Und erstaunlicherweise hört der Thronfolger vor allem auf Waljakov. Unter dessen strenger Anleitung trainiert Lodrik täglich und übt sich im Schwertkampf, ein langer und mühsamer Weg. 
Nach und nach erleichtert Lodrik das Leben der Bevölkerung durch neue Anordnungen und Steuererlasse, macht sich aber auch viele Feinde. In seiner Verzweiflung bittet er den schwarzen Gott Tuzlan um Beistand, da Ulldrael, der Gott des Landes Ulldart, ihm keine Hilfe gewährt. Den Beistand bittet er nicht für sich sondern für die hilflosen Menschen. Aber aus Gutem erwächst oftmals das Böse und nichtsahnend hat Lodrik Ereignisse in Gang gesetzt, die der Prophezeiung eine neue völlig neue Bedeutung geben. 
Ich habe Band eins und zwei als Sammelband gelesen, das Buch hat über 800 Seiten und ich habe mich keinen Moment gelangweilt. Die Entwicklung des Prinzen schreitet langsam voran und wird dadurch sehr glaubwürdig. Markus Heitz hastet nicht durch die Geschichte sondern lässt den Personen Raum sich zu entfalten. Gerade die Beziehung zwischen Waljakov und Lodrik wächst langsam und das Vertrauen, dass sich zwischen Stoiko, Waljakov und Lodrik entwickelt, ruht auf festen Füßen. Als sich die Adeligen und Großbauern der Provinz gegen den neuen Gouverneur verbünden, fehlt ein Mann. Diesen, Brojak Miklanowo und seine forsche Tochter Norina, kann Lodrik auf seinen Seite ziehen und beide helfen ihm bei seinen Reformplänen und geben ihm Ratschläge, wie man der Bevölkerung helfen kann. 
Es ist wunderbar zu lesen, wie sich der junge Mann an den kleinen Erfolgen freuen kann, wie er bei der Bevölkerung immer beliebter wird und wie ihn mit Norina bald eine tiefe Freundschaft verbindet. Er mag die junge Frau, die ihr Herz auf der Zunge trägt und ihm immer wieder neue Reformpläne unterbreitet. 
Doch über all dem hängen die dunklen Wolken, denn ist Tuzlan einmal angerufen, gibt es kein Zurück. 
Als Kabcar Grengor unerwartet stirbt, muss der Prinz Granburg und Norina verlassen und beweisen, dass er würdig ist, das Land zu regieren. Hat er genug gelernt um auf dem großen Parkett zu bestehen? 
Das Geschichte spielt aber nicht nur in Granburg. Parallel zu den Ereignissen in Granburg und Tarpol schildert der Autor auch noch die Entwicklung in einigen andere Provinzen. Figuren werden positioniert, die langsam in die Geschicke der Welt eingreifen. Das sorgt für Abwechslung und Spannung und man ist neugierig, wer sich letztendlich für welche Seite entscheidet. Mit dem Piraten Torben Rudgass kommt auch etwas Humor in die spannende Handlung, die mich absolut zu überzeugen wusste. Und auch  Predor, König von Ilfaris und sein Hofnarr Fiorell sorgen für heitere Momente. Seinen Spitznamen »der Pralinige« hat König Predor nicht umsonst erhalten. Mit seinen Pralinenkreationen überzeigt er die stärksten Widersacher. Momentan bin ich bei Band drei der Saga und es geht spannend weiter. 
Mittlerweile ist Markus Heitz eine feste Größe in der deutschen Phantastik Szene, mit Ulldart hat er einen wunderbaren Start hingelegt und mit den Zwergen hat er dann seinen wohlverdienten Platz im Olymp erhalten. 
 
Titel: Schatten über Ulldart/Der Orden der Schwerter 
Reihe: Ulldart, Sammelband enthält Band eins und zwei 
Autor: Markus Heitz 
Verlag: Piper, TB, ca. 850 Seiten 
ISBN: 978-3492285285

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