Musikalische Fluchten

26 Juli 2020

Lestrade und die Spiele des Todes von M.J. Trow


London im Jahr 1908, das Jahr der olympischen Spiele. Trotz des drohenden Krieges reisen Sportler aus aller Welt an, um an diesem sportlichen Ereignis teilzunehmen. Die Polizei hat alle Hände voll zu tun, so dass Inspektor Lestrade auch nicht viel Zeit für den Marquis von Bolsover erübrigen kann, der behauptet, dass sein Sohn einem Anschlag zum Opfer viel und keinen Selbstmord begangen hat.
Nicht deutet auf einen Mord hin und der Inspektor verfolgt die Sache nicht weiter. Als ein Serienkiller es auf die Athleten abgesehen und einer nach dem anderen Opfer eines Anschlags wird, erkennt Lestrade einen Zusammenhang zwischen dem Tod des jungen Bolsovers und den Sportlern. Trotzdem kann er nicht verhindern, dass immer mehr Teilnehmer der Olympiade ein Opfer des Killers werden und schon bald ist die Karriere des Inspektors ebenso in Gefahr wie das Leben der  Sportler.

Kommentar:
Ich liebe viktorianische oder spätviktorianische Krimis, hier auch anglophile Krimis genannt. Krimis, die in London spielen und einen Bezug zu Sherlock Holmes haben, stehen in der Liste ganz weit oben. Trotzdem war dieser Roman für mich ein absoluter Reinfall und eine Enttäuschung. Sicherlich war 1908 eine andere Zeit aber das Buch strotzt nur so vor rassenfeindlichen und frauenfeindlichen Bemerkungen, wie ich sie bisher kaum in einem Krimi gelesen habe. Zwar ist Inspektor Lestrade hier der Ermittler aber einen anderen Bezug zu Sherlock Holmes gibt es nicht. Der berühmte Detektiv und auch Watson werden lediglich am Rande erwähnt und sind keine Charaktere dieses Buches.
Im Klappentext heißt es. Perfide Verbrechen auf stilistisch hohem Niveau. Meiner Ansicht nach ist das maßlos übertrieben. Es werden neun Menschen ermordet und die Polizei kommt bei ihren Ermittlungen keinen Schritt weiter. Die Ermittlungsarbeit ist weder spannend noch innovativ, man hat eher das Gefühl, die Polizei schreitet von einem Opfer zum nächsten, ohne dass sie dem Täter näher kommen. Erst zum Ende hin sieht man förmlich die Glühbirne über dem Kopf Lestrades aufleuchten, als er plötzlich die Eingebung hat, wer der Täter sein könnte. Ein logischer und schlüssiger Ermittlungserfolg, den der Leser nachvollziehen kann, findet sich hier nicht.
Das mag eine negative und sehr subjektive Meinung zu dem Buch sein. Aber ich habe schon eine unendliche Anzahl von Krimis gelesen, die in dieser Zeit spielen, angefangen bei Anne Perry über Caleb Carr bis hin zu allem, was nur annähernd mit Sherlock Holmes zu tu hat. Von keinem dieser Krimis war ich sprachlich und inhaltlich so enttäuscht, wie von diesem Roman. Mag sein, dass es mir an Niveau fehlt, der Handlung zu folgen und sicher gab es damals Frauenfeindlichkeit, Rassismus und Hass gegen Homosexuelle aber man hat das Gefühl, das der Autor diese Gefühle den Menschen auch entgegenbringt. Dadurch mögen sie glaubhaft geschildert sein, wirken aber in Formulierung und Häufigkeit sehr abstoßend. Andere Autoren schaffen es ebenfalls, die damalige Zeit genau und korrekt zu schildern aber sie machen das auf eine subtilere Art und Weise, ohne Holzhammermethode, nichtsdestotrotz überzeugender. Ich kann mir dieses Buch durchaus als Film vorstellen. Die Charaktere sind sehr überzeichnet: Der überhebliche brüllende Lord, der militärische Ton in manchen Kreisen, die Überheblichkeit des Adels, der Kampf der Frauen für Gleichberechtigung und die Angst der Männer davor, die mit brutaler Gewalt gegen Demonstrantinnen  vorgehen….filmisch ist das gut umsetzbar.
Mir fehlen hier das Herz und die Seele. Keiner der Charaktere kann meine Sympathie gewinnen, nicht einmal Lestrade. Und, wie gesagt, man stolpert durch den Fall von einer Leiche zu nächsten, ohne das etwas passiert. Über neun Leichen bei 280 Seiten, da bleibt nicht viel Raum, um über intelligente Ermittlungsarbeit zu schreiben und Spannung aufzubauen.
Ich bleibe bei Anthony Horrowitz, David Grey oder Franziska Franke.
Es mag sein, dass viele Pointen in der Übersetzung verloren gingen, wie ein anderer Rezensent schreibt und ich tue dem Autor unrecht. Bildet euch selber ein Urteil.
Titel: Lestrade und die Spiele des Todes
Reihe: Inspektor Lestrade
Autor: M.J. Trow
Verlag: rororo, TB, 280 Seiten
ISBN: 9783499430347

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