Musikalische Fluchten

04 April 2020

Fast menschlich 25 SF Kurzgeschichten, Herausgeber Christoph Grimm



https://eridanusverlag.de/
Die Kurzgeschichtesammlung »fast menschlich« besteht aus 25 Geschichten, die sich mit dem Thema KI befassen. Sie müssen sich mit den Großen dieses Genre messen, mit Blade Runner, dem Zweihundertjährigen oder auch mit Data, dem wohl bekanntesten Androiden.
Viele der Geschichten schaffen diesen Vergleich durchaus, drei Geschichten haben mir besonders gut gefallen, eine Geschichte mochte ich nicht. Das liegt sicher nicht daran, dass sie schlecht ist, sonst hätte sie es wahrscheinlich nicht in diese Auswahl geschafft, es liegt daran, dass mich das Thema verstört hat.
Ich habe nie ganz verstanden, warum die Menschheit so darum bemüht ist, die KI so aussehen zu lassen wie einen Menschen. Sich aber dann dagegen wehren, dass sie wie ein Mensch behandelt werden möchten. Dass sie leugnen, dass ein Androide in der Lage ist, durch das Verständnis komplexer Zusammenhänge auch Gefühle entwickeln oder zu verstehen kann. Die KI sind täglich Diskriminierung, Hass und Vorurteilen ausgesetzt, die in einer Geschichte erwähnten Gleichstellungsgesetze sind eine Farce. Dabei ist in vielen der 25 Erzählungen der Risikofaktor stets der Mensch.


Wenn man viel Science Fiction liest und gerade KI Geschichten bevorzugt, bekommt man das Gefühl, dass wir uns lediglich eine Art neuer Sklaven erschaffen möchten. Wesen, die ohne Widerspruch gehorchen, die uns die niederen Arbeiten abnehmen, niemals widersprechen und die man behandeln kann, wie den letzten Dreck. Doch wenn wir sie ansehen, sehen wir uns selbst, wir blicken in den Spiegel und erkennen unsere wahren Ängste.
KI sollen das perfekte Ebenbild des Menschen sein, doch der  Mensch ist nicht perfekt, wie soll er also etwas perfektes schaffen können? In diesen Erzählungen beziehen sich einige Autorinnen und Autoren auf die drei Gesetze der Robotik von Isaac Asimov
(die mittlerweile um das nullte Gesetz erweitert wurden), einige verzichten bewusst darauf, was den Geschichten ein breiteres Spektrum bietet.
Ein Zitat von Seite 266: »ihr habt mich nach eurem Abbild erschaffen und nichts wollte ich mehr, als ein Mensch sein. Gibt es etwas menschlicheres, als das Streben nach Macht? Wohl kaum.«. Eine Geschichte, in der die drei Gesetze der Robotik keine Rolle spielen und eine KI, auf Grund ihrer Fähigkeiten, nach der Macht greift.
Eine meine Lieblingsgeschichten ist »Abendlicht«. Sie beschreibt die Einsamkeit des Alters, den Wert einer Freundschaft, sie ist leise, ruhig und ergreifend, obwohl es mit eine der kürzesten Geschichten ist. Erstaunlich, wie ein Autor es schafft, mit dem Medium Sprache so umzugehen, dass er auf gerade einmal zwölf Seiten in dem Leser so viele Emotionen wecken kann. Eine Erzählung, die mir regelrecht Schauer über den Rücken gejagt hat, ist »Großartig«. Wer an geheime Militärprojekte, verbotene Versuche an Menschen usw. glaubt, wird sich hier bestätigt finden.
Eine dritte Geschichte, die ich erwähnen möchte ist »Ich bin doch nur eine Maschine«. Sie zeigt auf, wie kaltherzig ein Mensch sein kann, so dass er nicht mehr von einer KI zu unterscheiden ist. Im Gegenteil, während die KI darauf programmiert ist, Menschen zu lieben, zu achten und zu beschützen, agiert hier der Mensch kalt und emotionslos, er gibt lediglich seinen negativen Gefühlen Raum wie Eifersucht, Hass, Machtgier.
Sprachlich sind alle Geschichten wirklich perfekt und sie ziehen den Leser in ihren Bann, er ergreift Partei, leidet mit. Das ist gelungene Schreibkunst.
Als Einleitung zu jeder Geschichte gibt es eine passenden Illustration und am Ende jeweils einen kurze Information über die AutorInnen. Das unterscheidet das Buch schon deutlich von irgendwelchen 08/15 Publikationen. Und das Cover ist eine wahre Augenweide. Detlef Klewer von KritzelKunst ist schon lange ein Begriff und seine Cover sind immer wieder außergewöhnlich.
Ich habe das Genre Kurzgeschichten erst vor zwei Jahren widerentdeckt, dies ist nun die dritte Sammlung, die mich wirklich begeistert hat. Keine Geschichte gleicht der nächsten, alle sind einzigartig und faszinierend.
Neben Roy und Pris, Caliban oder R. Daneel Olivaw gehören nun auch Matthew und Harriet zu meinen Lieblings KI. Ich gehöre wohl auch zu diesen »robo-humanistischen Spinnern«, wie der Herausgeber, Chris Grimm, es ausdrückt.
Ich bedanke mich für das Rezensionsexemplar. Für meinen Bericht verwende ich das Cover, welches der Verlag auf seiner Website veröffentlicht hat. Meine Rezension ist keine Werbung, sondern meine subjektive Meinung.
Autoren: Diverse
Herausgeber: Chris Grimm
ISBN: 9783946348238

2 Kommentare:

  1. Hallo liebe Petra,

    hm, dass alles was Du so schreibst erinnert mich stark an die TV -Serie ..real Humans-echte Menschen---ist ne schwedische Serie aus dem Jahre 2012 gewesen.

    Vielleicht kennst Du sie auch?

    Bei menschliche Roboter wird das Leben von harten Regeln bestimmt, wenn es den Menschen betrifft...gibt es plötzlich keine Regeln mehr...

    Bleib gesund..LG...Karin..

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  2. oh, da schaue ich mal rein. Schön, dass Du wieder dabei bist

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