Musikalische Fluchten

22 August 2019

Die Saat der Freiheit (die Croniken von Stahl und Feder 1) von Peter Segmüller


https://www.stahl-und-feder.ch/die-buecher/
Irdarian, Stenvulf und Jenana sind schon lange befreundet. Gemeinsam haben sie die Akademie besucht und dort auch einigen Unfug veranstaltet.
Doch die unbeschwerte Jugend ist Vergangenheit. Irdarian ist mittlerweile Erzfürst der Mark, Stenvulf Fürst der Cherusker und beide tragen eine große Verantwortung. Irdarian hat sich mit Jenana verlobt, obwohl diese Verbindung auf einigen Widerstand stößt, da sie lediglich die dritte Tochter aus einem unbedeutendem Haus ist. Irdarian möchte die politischen Ränkespiele nicht mitmachen, er schätzt den klugen Ratschlag seiner Braut und ihr bezauberndes Wesen.
Eines Tages erhält der Erzfürst eine Einladung von Stenvulf. Zu lange haben sich die Freunde nicht gesehen. Die Einladung des Fürsten der Mark hat allerdings einen ernsten Hintergrund. Die Cheruskerpforte, abgelegen in den Bergen, nahe der Grenze zu Nord-Nicwarega, wird immer öfters angegriffen und die Verluste sind hoch. Stenvulf hofft auf die Unterstützung seines Freundes und mehr Ressourcen für sein Land. Irdarian muss sich zwischen Freundschaft und Verpflichtung entscheiden, kein einfacher Weg für den jungen Mann. 


Kommentar:
Ich habe vor einiger Zeit das Buch "In den Klauen des Seedrachen" gelesen und betrat damals das erste Mal diese faszinierende Welt. Mittlerweile sind hunderte von Jahren vergangen, seit die ersten Siedler kamen. Das einheimische Naturvolk der Yärii existiert nicht mehr und die Yehiner spielen keine große Rolle mehr. Evarn blieb im heutigen Cheruskerland und Perdun zog mit einem Teil der Siedler nach Süden und gründete die Mark. Seitdem sind die beiden Länder miteinander verbündet, zusammen bilden sie das Königreich Opalindon. Während die Mark blüht und immer reicher wird, haben es die Nordmänner schwer. Der Boden wirft kaum Ertrag ab, Nahrungsmittel müssen importiert werden und auch Bodenschätze sind kaum vorhanden. Stenvulf sieht darin eine große Ungerechtigkeit und er hofft mit Hilfe seines Freundes die Situation zu ändern. Allerdings sehen viel der märkischen Fürsten in einem Wandel eine Bedrohung ihres Reichtums und ihrer Macht. Sie sind arrogant und behandeln die Cherusker nicht wie ebenbürtige Partner sondern eher wie Vasallen. Irdarian sitzt zwischen allen Stühlen. Seine Verlobte sieht die Ungerechtigkeiten ebenso wie Stenvulf. Nicht nur gegenüber den Cherusker, auch gegenüber der ärmeren Bevölkerung der Mark, die teilweise Hunger leidet, während der Adel sich mästet.
Die drei Hauptcharaktere sind sehr gut ausgearbeitet und besitzen eine ungewöhnliche Tiefe. Die Chronik ist auf mehrere Bände ausgelegt und der Autor lässt sich Zeit, die drei jungen Leute vorzustellen. Stenvulf verfügt über ein stürmisches Temperament, Diplomatie liegt ihm nicht, er trägt sein Herz auf der Zunge. Damit stößt er bei den Adeligen der Mark oft auf Ablehnung, die eher umeinander tänzeln als deutliche Worte zu sprechen. Irdarian ist ein eher ruhiger Mensch, der alle Möglichkeiten abwägt. Er ist allerdings auch noch sehr unsicher und lässt sich von seinen Kanzellaren oft zu sehr beeinflussen. Auch wenn er im tiefsten Herzen weiß, dass politische Erwägungen nicht immer federführend sein sollten. Er ist in einer angreifbaren Position, da viele Adelige gegen Jenana sind und ihm die Wahl seiner zukünftigen Ehefrau vorwerfen. Dazwischen die junge Frau, die Irdarian liebt aber auch mit Stenvulf befreundet ist und die Nöte seines Volkes erkennt.
Die Dekadenz der Mark steht im starken Kontrast zu der Schlichtheit der Cherusker. Das fällt auch dem jungen Erzfürsten auf, der immer von einer Schar von Diener umgeben ist, vom Ankleiderer über einen Barbier bis hin zu einem Mundschenk.
Was mich fasziniert hat ist die Entwicklung der sogenannten Wolfsfrauen, hier Walküren genannt. Bei der Besiedlung des Landes durch Evarn und seine Gefolgsleute haben sich  die Walküren auf die Seite der Menschen und gegen die Yehin gestellt. Nun stellen diese Frauen die Leibwache des Fürsten und die Anführerin der Walküren, die sogenannte Taruna-Divala, wird die Mutter seines Erstgeborenen. Von Kind an werden der Satmmhalter und eine Walküre dazu erzogen, später diesen Bund einzugehen. Er fußt auf absolutem Vertrauen zwischen den zwei Menschen, denn der Fürst legt sein Leben in die Hände seiner Partnerin.
Das Pendant zu den Walküren sind die Paladine der Mark, deren Oberhaupt die Phalax ist. Sowohl die Taruna-Divala als auch die Phalax verfügen über besondere Fähigkeiten, von denen aber nur wenige Menschen Kenntnis haben.
Die Erzählung pendelt zwischen den Ereignissen an der Cheruskerpforte und dem Treffen der Freunde hin und her. Das erhöht die Spannung, führt es uns Lesern doch vor Augen, wie ernst die Situation im Norden ist, während die Adeligen sich zum Thronkonvent treffen, Turniere veranstalten und ausgiebig feiern.
Leider haben sich einige Fehler eingeschlichen. Seite 179 oben ist so ein Beispiel. Die Zeile endet, ein Wort wird daher getrennt, in der nächsten Zeile beginnt allerdings ein neuer Satz. Das ist mir mehrmals aufgefallen, da stimmen die Umbrüche nicht. Das tut der Spannung aber keinen Abbruch. Peter Segmüller schreibt routiniert, immerhin arbeitet er schon Jahre an den Chroniken und das man merkt man diesem Weltenentwurf an. Er ist perfekt.
"In den Klauen des Seedrachen" kann durchaus für sich alleine stehen, "die Saat der Freiheit" allerdings nicht mehr. Das Ende ist offen, der Autor erklärt aber auch sehr genau, was den Leser noch erwartet und wie diese Serie fortgesetzt wird. Das Glossar rundet diesen gelungenen ersten Band ab. Wer nicht auf Band zwei warten kann, sollte zu dem Einzelband greifen, der einen ersten Einblick in diese Welt gibt.
Verlag; Selfpublisher, TB, 275 Seiten
ISBN: 9783907141243

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