Musikalische Fluchten

07 Juni 2019

Einsamer Tod (Longmire Band 2) von Craig Johnson


https://www.festa-verlag.de/longmire-einsamer-tod.html
Jeden Dienstagabend spielt Walter Longmire mit Lucien Conolly Schach. Lucien ist der ehemalige Sheriff von Absaroka County und er hat Walt alles beigebracht, was ihn zu einem guten Sheriff macht. Mittlerweile lebt der alte Mann in einem Altenheim, hilft aber noch ab und zu im Sheriffbüro aus, da es an qualifiziertem Personal mangelt.
Als die Patientin Mari Baroja im Altenheim stirbt, setzt Lucien Himmel und Hölle in Bewegung, um zu erreichen, dass der Tod dieser Frau untersucht wird. Er glaubt, dass Mari vergiftet wurde. Longmire sieht keinerlei Verdachtsmomente, die Frau war alt und krank und ein natürlicher Tod scheint wahrscheinlicher.  Aber andererseits vertraut er seinem Freund und ehemaligen Kollegen und so ordnet er eine Obduktion an. Und stößt damit in ein Wespennest. Die Gründe für den Mord an der Frau liegen in einer weit entfernten Vergangenheit und Walt erfährt Sachen über seinen langjährigen Freund, die unglaublich scheinen. Bald wird auch auf die Enkelin der getöteten Frau ein Anschlag verübt und Walt und Henry Standing Bear müssen all ihr Können aufwenden, um den Fall zu lösen. 

Kommentar:
Henry Standing Bear, Vic Moretti und Lucian Connelly sind wieder fester Bestandteil der Geschichte. Henry, der eine Bar leitet und so gut wie alle Bewohner des Reservats kennt, ist eine unersetzliche Hilfe für Walter Longmire. Ebenso übernimmt er in diesen Romanen die Rolle des Gewissens, des besten Freundes, des Beichtvaters und der Mutter. Die Dialoge zwischen den beiden Männern sind voller Frotzeleien, denen man aber die Zuneigung und Freundschaft zueinander anhört. Sie haben eine gemeinsame Vergangenheit, die sie zusammen geschweißt hat und dieses Band der Freundschaft lässt sich durch nichts zerstören. Ich bin eine Frau und Longmire wird eher als Männerlektüre angepriesen. Aber ich liebe diese Serie und ihre Charaktere und deren Tiefe.
Mari Baroja hat ein hartes Leben hinter sich. Sie entstammt einer baskischen Familie, die sehr den Traditionen behaftet ist. Obwohl sie einen Mann liebt, wird ihr eine Ehe mit ihm untersagt und sie wird zwangsverheiratet. Ihr Mann ist ein Säufer und Schläger, der sie und die Kinder brutal misshandelt.
Longmire und Henry wandeln auf den Spuren der Frau und erfahren von Ereignissen, die 50 Jahre in der Vergangenheit liegen, ihre Hand aber in das Hier und Heute ausstrecken. Henry forscht unter den Bewohner des Reservates nach Informationen, während sich Walt mit der Familie des Opfers auseinander setzen muss. Das eine Rechtsanwältin unter den Hinterbliebenen ist, macht es ihm nicht leicht. Zum Glück kommt Cady zu Besuch, die  ebenfalls Rechtsanwältin ist und ihrem Vater in diesem Fall beistehen kann. Dadurch gerät aber auch sie ins Visier des Mörders.
Wer die Romane von Tony Hillerman mag, wird auch Longmire mögen. Während bei Hillerman die Kultur und die Mythen der Navajo eine große Rolle spielen, sind es hier die Cheyenne und Crow. Craig Johnson erhebt nicht mahnend den Zeigefinger sondern er erzählt ruhig und leise über das Zusammenleben zwischen amerikanischen Ureinwohnern und Weißen, über die Konflikte und Ungerechtigkeiten. Und über eine Männerfreundschaft, die keine Grenzen und keine Rasse kennt sondern aus tiefstem Herzen kommt. Sprachlich finden sich immer wieder feine Perlen wie:"Sorgfältig legte er das (Tage)Buch auf dem Schreibtisch ab, als ob die Jahre sonst herausfallen könnten."
Noch eine sehr schöne und bildhafte Beschreibung:"Wir standen am höchsten Punkt der Weide, und die Big Hirn Mountains erstreckten sich über den weit entfernten Horizont wie der gemalte Hintergrund im Theater unseres Lebens. Henry war immer besser darin gewesen, Dinge zu beschreiben, die ich nur fühlen konnte. "Ich weiß, dass die Erde sich bewegt, aber in diesem Moment ist es, als wären die Wolken in Bewegung und die Welt würde still stehen und warten."
Der Autor verfügt über ein unwahrscheinliches Talent, treffende Metaphern zu benutzen und vor dem Auge des Lesers entsteht ein unglaubliches Szenario. Man meint, die Weite des Landes, die Einsamkeit und Kälte regelrecht spüren zu können. Henry und Walt führen keine endlosen Gespräche, sie kennen sich ein Leben lang und fühlen und ahnen somit oft, was der andere denkt. Die Dialoge sprühen vor Witz und Charme, durch die gegenseiteigen Hänseleien spürt man die Tiefe Freundschaft der beiden Männern. Henry versucht alles, um Walt wieder zum Leben zu bringen, der immer noch um den Verlust seiner Frau trauert. Er ist es, der eine Firma beauftragt, die Walts Haus renovieren soll, das sich seit drei Jahren immer noch im Stadium des Einzugs befindet.
Neben den unglaublichen Charakteren spielt die Natur ebenfalls eine Hauptrolle, ebenso wie die Mythen und Legenden der Cheyenne. Der Autor erzählt die Geschichte langsam und ruhig, was sie aber keineswegs langweilig macht. Das Cover, dieses Mal in einem unglaublichen blau, zeigt wieder die karge und schöne Natur mit dem Sheriff im Vordergrund.  Der Festa Verlag hat hier ein gutes Händchen bei der Auswahl des Covers bewiesen. Minimalistisch aber aussagekräftig.
In diesem Band kommt ein neues Mitglied zum Team dazu, der eine sehr gut Ergänzung ist und die Gruppe etwas verjüngt.
Für mich ist Longmire eine spannende und unterhaltsame Westernserie, die mich absolut begeistert. Band zwei hat mir sogar besser gefallen, da man das Gefühl hat, dass der Autor gewachsen ist. Sprachlich wirkt die Geschichte runder und intensiver und sie nimmt den Leser mit auf eine Reise in eine uns unbekannte Welt, von der wir viel zu wenig wissen.
Dieser Bücher sind nicht gerade typisch für den Festa Verlag, der sich ja eher auf Horror spezialisiert hat. Umso mehr habe ich mich gefreut, dass ich auf der LBM den Stand gefunden und diese Serie dort entdeckt habe. Meines Erachtens sind die Bücher besser als die TV Serie, die mich aber auch begeistern konnte. Wer auf Action und blutiges Gemetzel steht, wird an diesen Bücher keine Freude haben. Wer intelligente und ruhige Krimis mit einer spannenden Geschichte mag, der wird diese Serie lieben. Die Bücher sind einzeln lesbar und in sich abgeschlossen.
Titel: Einsamer Tod
Reihe: Longmire Band 2
Verlag: Festa, TB, 9783865525925

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