Das Buch Königsee von Anke Höhl-Kayser
umfasst sieben Kurzgeschichten, welche
die Autorin erfolgreich bei Kurzgeschichten
Wettbewerben eingereicht hat. Die Geschichten sind sehr düster, ich
würde sie unter Dark Fantasy, teilweise sogar unter Horror einordnen. Die
Autorin spielt gekonnt mit den Ängsten der Menschen, sei es die Angst vor Feuer, die Angst vor Spinnen
und auch die Angst vor vergessenen Erinnerungen. Mir fällt es schwer, eine
Lieblingsgeschichte zu nennen. Jede Geschichte ist anders aber jede Geschichte
ist beeindruckend. Ich empfinde es als ein besonderes Talent, wenn eine Autorin
in einer kurzen Erzählung so viel hineinpacken kann, dass man als Leser meint,
eine fremde Welt betreten zu haben und mir den Charakteren leidet oder deren
Freude erlebt.
Königssee:
Um Karriere zu machen, zieht Lena vom
Berchtesgadener Land nach Hamburg. Wie
so oft im Leben, kostet die Entfernung alte Freundschaften. Trotz Internet und
Whatsapp ist es schwer Kontakt zu halten, die Interessen gehen auseinander und
man verliert sich aus den Augen. Als
Lena in Hamburg scheitert bekommt sie Heimweh und fasst den Entschluss, in ihre
Heimat zurück zu kehren. Sie sucht Kontakt zu ihrer Cousine und ehemals besten
Freundin Hanny. Diese ist am Telefon jedoch sehr abweisend und kurz angebunden.
Lena macht sich Sorgen um Hanny und sobald sie in der Heimat ankommt, sucht sie
das Haus ihrer Tante auf, in dem Hanny wieder wohnt. Was sie dort sieht macht
ihr Angst, nichts ist so wie es war. Diese Geschichte erinnert an die alten Mystery
Novels im Stile Wilkie Collins, nur eben etwas moderner. Doch das Szenario
könnte durchaus aus seiner Feder stammen, was das Können von Anke Höhl-Kayser
unter Beweis stellt.
Im Herzen:
Ok, ich habe gesagt, ich kann
keine Lieblingsgeschichte nennen aber ich denke, diese hat mich am meisten
berührt. Kristin leidet unter
Angstzuständen und Panikattacken. Sie lässt sich von ihrem Freund zu einer
Hypnosetherapie überreden. Die verdrängten Erinnerungen haben einen zu großen
Einfluss auf ihr Leben, führen zu Psychosen und Depressionen. Doch manche Erinnerungen bleiben lieber im
Verborgenen. Was hat dieser eine Satz zu bedeuten, der stets an der Oberfläche
perlt :"Im Herzen ist nichts?" Man rätselt: Ist der Satz vollständig?
Erzählt er eine Geschichte? Zeugt er von Einsamkeit? Es ist spannend zu
erleben, wie sich nach und nach der Schleier von der verschütteten Erinnerung hebt und zu sehen, was sich
darunter verbirgt.
Das Cromwell- Haus:
Lisa Cromwell flieht
aus ihrem Elternhaus, sobald sie alt genug ist um auf eigenen Füßen zu stehen.
Seit ihrer Kindheit wird sie dort von einem Geist heimgesucht. Da Eliza, der
Geist, an das Haus gebunden ist, hat Lisa endlich Ruhe. Bis sie nach Hause
zurückkehrt, da ihre Mutter einen Herzinfarkt hatte. Diese Geschichte beinhaltet auf sehr kleinem
Raum überraschende Wendungen und die Atmosphäre des Hauses verstört den Leser
ebenso sehr wie Lisa.
Die Welt retten:
Hier unternimmt die
Autorin einen Schritt in Richtung Science Fiction oder Dystopie. Innerhalb
eines kurzen Augenblicks an einem strahlenden Sommertag, zerfällt die Welt in
Schutt und Asche und es gibt nur vereinzelte Überlebende. Linchen merkt, dass
etwas nicht stimmt, als sie sich auf den Weg in ihre alte Heimatstadt Köln
macht. Sie hat erfahren, dass es dort noch Menschen gibt. Auf der Fahrt dorthin
sieht sie ein Autobahnschild mit dem Zielort: Coeln-Nord. Nicht das ihr
bekannte Köln. Was ist also geschehen. Hat sich die Zeit geändert? Hat die
Geschichte einen anderen Verlauf genommen? Befindet sie sich auf einer anderen
Zeitachse oder in einem Paralleluniversum? Der Leser ist genauso gespannt wie
diese Frau, die sich nichts so sehr wünscht, wie ihre Familie und ihr Leben
zurück zu bekommen.
Spinnensinn:
Laura Schulten hat panische
Angst vor Spinnen. Sie bekommt Herzrasen und Panikattacken, sobald eine Spinne nur
in ihre Nähe kommt, ihre Ohnmachtsanfälle sind in ihrer Firma schon legendär.
Ihr Freund Rolf schlägt ihr eine Therapie. Eine weitere in einer langen Reihe
von Therapien. Doch diese hier ist anders. Nicht nur der Therapeut ist
merkwürdig, auch seine Methoden der Behandlung unterscheiden sich sehr von den althergebrachten Behandlungen.
Wie sehr, erlebt Laura bald am eigenen Leib. Das war für mich mit die gruseligste
Geschichte, denn auch ich fürchte mich vor Spinnen. Allerdings nicht so sehr
wie Laura und immerhin habe ich einen Mann, den ich zu Hilfe rufen kann, um das
Tier zu entfernen.
Die Feuerkönigin:
"Spiel nicht mit
dem Feuer, Du wirst Dich daran verbrennen," sagte ihr Vater immer. Hätte sie nur auf ihren Dad
gehört. Eloise gerät in eine magische
Welt des Feuers, die sie verzehren könnte. Die ist die märchenhafteste der
Geschichten. Feuer fasziniert, rührt
aber auch Ängste in den Menschen an. Die Autorin spielt hier mit der Angst und
der Faszination des Menschen gegenüber dem Element Feuer. Seit Prometheus es
den Göttern gestohlen und den Menschen gebracht hat, spielt es in vielen
Geschichten eine Rolle.
Apophis:
Hier schildert die Autorin, wie
Howard Carter das Grab des Tutanchamun entdeckt. Bei der Ausgrabung ist eine
junge Frau anwesend, die eine Schwäche für den Archäologen hat. Und auch er
scheint gegenüber ihrer Ausstrahlung nicht immun, denn er schenkt ihr eine
kleine, goldene Schlange, die im Grab gefunden wird. Ein kleiner Teil eines
riesigen Schatzes. Was diesen Geschenk auslöst kann keiner der Anwesenden ahnen.
Diese Geschichte tendiert in Richtung Horror. Wir alle kennen die Geschichten,
die sich um diese Ausgrabung ranken und die angeblich mit einem Fluch belegt
ist. Anke Höhl-Kayser steuert eine neue Geschichte dazu, sehr spannend und sehr
überzeugend.
Tom Jay hat das grandiose Cover entworfen, das perfekt zu
diesem Band an düsteren Geschichten passt. Zuerst bemerkt man den Totenkopf kaum.
Doch je länger man das Cover betrachtet, desto intensiver scheinen einen die
Augen anzustarren. Es wirkt beklemmend, genauso, wie einige der Geschichten.
Zum Schreibstil und Form der Autorin
brauche ich nichts mehr sagen. Sie hat mich mit ihren vorherigen Büchern schon
überzeugt und auch dieses Buch hat mir sehr gut gefallen. Einziges Manko: Es
ist zu dünn und sieben Geschichten sind definitiv zu wenig!
Titel: Königssee
Autor: Anke Höhl-Kayser
Verlag: Selfpublishing
ISBN: 9783749435142
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