23 Mai 2016

Die Buchspringer von Mechtild Gläser TIPP DER WOCHE!



Das Leben ist zu Amy und ihrer Mutter Alexis zur Zeit gerade sehr ungerecht. Alexis wird von ihrem Freund verlassen und Amy muss an der Schule einiges an Mobbing ertragen. So beschließen Mutter und Tochter, dem deprimierenden Alltag zu entfliehen und in Alexis Heimat zu reisen. Amy weiß nicht viel aus der Vergangenheit ihrer Mutter, nur, dass diese im Alter von 17 Jahren die schottische Insel verließ und nie mehr zurückkehrte.
Als die beiden Frauen während eines Sturms endlich auf der Insel ankommen, scheint diese zuerst nicht sehr einladend. Es leben nur wenige Menschen dort und die beiden alteingesessenen Familien Macalister und Lennox mögen sich nicht sonderlich. Stormsay scheint also Ruhe und Abgeschiedenheit zu bieten aber auch unendliche Langweile und einen grauen Alltag. Doch Amy könnte sich nicht mehr irren. Von ihrer Großmutter erfährt sie, dass ihre Familie eine uralte Bibliothek hütet und dass die Mitglieder der Familie Lennox in der Lage sind, in die Geschichten zu springen.
Zuerst kommt es dem jungen Mädchen noch merkwürdig vor, sich in den Geschichten zu bewegen, die sie als Kinde geliebt und häufig gelesen hat. Doch bald fühlt sie sich bei Shir Khan oder Oliver Twist wie zu Hause und verliert ihre Angst vor der Fremdartigkeit dieser märchenhaften Welten.
Und das ist gut so, denn bald verschwinden aus den Büchern wichtige Elemente. Der Schatz von Ali Baba wird gestohlen, das weiße Kaninchen verschwindet und einige Personen haben merkwürdige Unfälle, die in den Geschichten nicht vorgesehen waren.
Zusammen mit dem leidenden jungen Werther und dem Buchspringer Will beginnt Amy, die merkwürdigen Vorfälle zu untersuchen und stößt bald auf ihr größtes Abenteuer.


Kommentar:
Obwohl das Buch in unserer aktuellen Zeit spielt, ist es doch märchenhaft gehalten. Amy wird in der Schule auf Grund ihres Aussehens gemobbt und ihre Mitschüler stellen heimlich aufgenommene Bilder von ihr ins Internet. Ein Problem, mit dem sich viele Jugendliche heute auseinander setzen müssen und das sehr aktuell ist. Ihre Mutter Alexis wird sehr plötzlich von ihrem Freund verlassen und so sind beide Frauen sehr unglücklich.
Die Autorin hält sich aber nicht sehr lange bei dem Leid der beiden Frauen auf sondern führt den Leser sofort von Bochum auf die Insel Stormsay, die zu Schottland gehört. Hier erfährt Amy endlich etwas über ihre Familie und die Vergangenheit ihrer Mutter. Amy ist sowohl eine Buchliebhaberin als auch eine sehr aufgeschlossene und neugierige junge Frau. So steht sie ihrem Erbe offen gegenüber. Statt Angst vor den Möglichkeiten des Buchspringens zu empfinden, sieht sie nur das Abenteuer und die Aufregung. Wer möchte nicht einmal mit Peter Pan und Tinkerbell fliegen oder mit den fünf Freunden ein Abenteuer erleben? Doch mit diesen Welten sind auch Gefahren verbunden, denn nicht alle Protagonisten sind liebenswert oder charmant.
Die Geschichte erscheint von Anfang bis Ende glaubwürdig, nichts wirkt inszeniert oder konstruiert. Der flüssige und klare Schreibstil der Autorin runden die ganze Geschichte ab. Amy ist keine strahlende Heldin und Will kein strahlender Ritter, der die Prinzessin aus der Not befreit. Die jungen Menschen stehen mit beiden Füßen fest im Leben, daher wirken ihre Reisen in die Buchwelt umso glaubwürdiger. Amy muss bald erfahren, dass sich in ihren Lieblingsgeschichten auch viel Böses verbirgt und dass man aufpassen muss, wem man vertraut. An ihrer Seite stellt Mechtild Gläser den jungen Werther, eine Figur aus der klassischen Literatur. Diese Kombination macht den Reiz der Geschichte aus. Obwohl es sich um Jugendbuch mit einer eher märchenhaften Geschichte handelt, macht es doch auch neugierig auf Bücher wie Stolz und Vorurteil oder die Leiden des jungen W. So kann man junge Leser durchaus die Literatur nahe bringen.
Neben Will, Amy und Werther gibt es noch einige mehr oder weniger liebenswerte Figuren in dieser wunderbaren Erzählung. Betsy gehört, wie Will, zu den Macalisters und kann Amy vom ersten Augenblick an nicht leiden. So sieht sich Amy der gleichen Situation ausgesetzt wie in ihrer Schule. Hier ergreift sie aber nicht die Flicht sondern stellt sie dem Problem, zumal Will auf ihrer Seite steht. Schon bald erkennt Amy, dass sie mehr kann als die beiden anderen Buchspringer. Während Will und Betsy nur über eine bestimmte Pforte in die Buchwelt wechseln können, gelingt es Amy von jedem Ort aus mit Leichtigkeit. Bald erfährt sie auch, warum das so ist.
Die Aufmachung des Buches ist sehr schön gemacht, auf dem Cover erkennen wir einige Figuren aus bekannten Büchern, das weiße Kaninchen, Sherlock oder auch Shir Khan. Vor jedes Kapitel wird ein Auszug aus einem Märchen voran gestellt. Bald erkennt der Leser, dass es sich um die verlorene Geschichte der drei Lehrer handelt. Man fiebert der Auflösung regelrecht entgegen und der Autorin gelingen hier noch ein paar überraschende Wendungen, die den Leser in Atem halten.
Da viele Fragen offen bleiben und einige Figuren zu blass wirken, hofft natürlich jeder Leser auf eine Fortsetzung, in der auch Betsy, Brock oder Amys Onkel mehr Raum bekommen.
Fazit:
Eine schöne Geschichte für jung und alt, die zwar nicht
ganz mit einer Reise nach Phantasien mithalten kann, doch durchaus ihren eigenen Liebreiz hat. Es gibt noch viele Bücher zu besuchen, hoffen wir auf einen Band zwei.

Titel: Die Buchspringer

Autor: Mechtild Gläser

Verlag: Loewe, HC, 384 Seiten
ISBN: 978-3785574973
9 von 10 Sternen

1 Kommentar:

  1. Hey Petra,

    ich würde mich auch über einen zweiten Band freuen. Mir ging es auch so, dass noch ein paar Fragen offen blieben.

    Liebe Grüße
    Sandra

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